Biblia (Band 2) Das ist: Die ganze Heylige Schrifft, Teutsch. D. Mart.Luth. Sampt einem Register / Summarien über alle Capitel / und schönen Figuren

Gedruckt in Frankfurt am Mayn bei Georg Rab für W. Han (Erben) und Sigmund Feyerabend, 1570

Klagelieder 3

58Du führest, Herr, die Sache meiner Seele und erlösest mein Leben. 59Du siehest, HErr, wie mir so Unrecht geschieht; hilf mir zu meinem Recht! 60Du siehest alle ihre Rache und alle ihre Gedanken wider mich. 61HErr, du hörest ihr Schmähen und alle ihre Gedanken über mich, 62die Lippen meiner Widersacher und ihr Dichten wider mich täglich. 63Schaue doch, sie sitzen oder stehen auf, so singen sie von mir Liedlein. (Klagel. 3,14) 64Vergilt ihnen, HErr, wie sie verdient haben! (Klagel. 1,21; Ps. 137,8) 65Lass ihnen das Herz erschrecken, lass sie deinen Fluch fühlen! 66Verfolge sie mit deinem Grimm und vertilge sie unter dem Himmel des HErrn.

Klagelieder 4

Zions Elend und Schmach.

1Wie ist das Gold so gar verdunkelt und das feine Gold so hässlich geworden und liegen die Steine des Heiligtums vorn auf allen Gassen zerstreut! (Klagel. 1,6; Klagel. 1,10) 2Die edlen Kinder Zions, dem Golde gleich geachtet, wie sind sie nun den irdenen Töpfen gleich, die ein Töpfer macht! 3Auch Schakale reichen die Brüste ihren Jungen und säugen sie; aber die Tochter meines Volks muss unbarmherzig sein wie ein Strauß in der Wüste. 4Dem Säugling klebt seine Zunge an seinem Gaumen vor Durst; die jungen Kinder heischen Brot, und ist niemand, der's ihnen breche. 5Die zuvor leckere Speise aßen, verschmachten jetzt auf den Gassen; die zuvor in Scharlach erzogen sind, die müssen jetzt im Kot liegen. 6Die Missetat der Tochter meines Volks ist größer denn die Sünde Sodoms, die plötzlich umgekehrt ward, und kam keine Hand dazu. (1.Mose 18,20; 1.Mose 19,24-25)

7Ihre Fürsten waren reiner denn der Schnee und klarer denn Milch; ihre Gestalt war rötlicher denn Korallen; ihr Ansehen war wie Saphir. 8Nun aber ist ihre Gestalt so dunkel vor Schwärze, dass man sie auf den Gassen nicht kennt; ihre Haut hängt an den Gebeinen, und sind so dürr wie ein Scheit. 9Den Erwürgten durchs Schwert geschah besser als denen, die da Hungers starben, die verschmachteten und umgebracht wurden vom Mangel der Früchte des Ackers. 10Es haben die barmherzigsten Weiber ihre Kinder selbst müssen kochen, dass sie zu essen hätten in dem Jammer der Tochter meines Volks. (Klagel. 2,20) 11Der HErr hat seinen Grimm vollbracht; er hat seinen grimmigen Zorn ausgeschüttet; er hat zu Zion ein Feuer angesteckt, das auch ihre Grundfesten verzehrt hat.

12Es hätten's die Könige auf Erden nicht geglaubt noch alle Leute in der Welt, dass der Widersacher und Feind sollte zum Tor Jerusalems einziehen. 13Es ist aber geschehen um der Sünden willen ihrer Propheten und um der Missetaten willen ihrer Priester, die darin der Gerechten Blut vergossen. 14Sie gingen hin und her auf den Gassen wie die Blinden und waren mit Blut besudelt, dass man auch ihre Kleider nicht anrühren konnte; 15man rief sie an: Weicht, ihr Unreinen, weicht, weicht, rührt nichts an! Wenn sie flohen und umherirrten, so sagte man auch unter den Heiden: Sie sollten nicht länger dableiben. 16Des HErrn Zorn hat sie zerstreut; er will sie nicht mehr ansehen. Die Priester ehrte man nicht, und mit den Alten übte man keine Barmherzigkeit. (Klagel. 5,12; 5.Mose 28,50; Jes. 47,6)

17Noch gafften unsere Augen auf die nichtige Hilfe, bis sie müde wurden, da wir warteten auf ein Volk, das uns doch nicht helfen konnte. 18Man jagte uns, dass wir auf unseren Gassen nicht gehen durften. Da kam auch unser Ende; unsere Tage sind aus, unser Ende ist gekommen.

Text der Luther-Übersetzung (1912) von Klagelieder 3, 58 bis Klagelieder 4, 18

Biblia (Band 2) Das ist: Die ganze Heylige Schrifft, Teutsch. D. Mart.Luth. Sampt einem Register / Summarien über alle Capitel / und schönen Figuren

Gedruckt in Frankfurt am Mayn bei Georg Rab für W. Han (Erben) und Sigmund Feyerabend, 1570