18Ich sprach: Mein Vermögen ist dahin und meine Hoffnung auf den HErrn. 19Gedenke doch, wie ich so elend und verlassen, mit Wermut und Galle getränkt bin!
20Du wirst ja daran gedenken; denn meine Seele sagt mir's. 21Das nehme ich zu Herzen, darum hoffe ich noch. 22Die Güte des HErrn ist's, dass wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, (Neh. 9,31) 23sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. 24Der HErr ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen. (Ps. 16,5; Ps. 73,26) 25Denn der HErr ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und der Seele, die nach ihm fragt. 26Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HErrn hoffen. (Röm. 12,12) 27Es ist ein köstlich Ding einem Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trage; 28dass ein Verlassener geduldig sei, wenn ihn etwas überfällt, 29und seinen Mund in den Staub stecke und der Hoffnung warte 30und lasse sich auf die Backen schlagen und viel Schmach anlegen. 31Denn der HErr verstößt nicht ewiglich; 32sondern er betrübt wohl, und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte. (Jes. 54,8) 33Denn er nicht von Herzen die Menschen plagt und betrübt,
34als wollte er alle die Gefangenen auf Erden gar unter seine Füße zertreten 35und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugen lassen 36und eines Menschen Sache verkehren lassen, gleich als sähe es der Herr nicht. 37Wer darf denn sagen, dass solches geschehe ohne des Herrn Befehl (Jes. 45,7; Amos 3,6) 38und dass nicht Böses und Gutes komme aus dem Munde des Allerhöchsten? 39Wie murren denn die Leute im Leben also? Ein jeglicher murre wider seine Sünde! 40Und lasst uns erforschen und prüfen unser Wesen und uns zum HErrn bekehren! 41Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel! 42Wir, wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen; darum hast du billig nicht verschont; (Ps. 106,6; Dan. 9,5) 43sondern du hast uns mit Zorn überschüttet und verfolgt und ohne Barmherzigkeit erwürgt. 44Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, dass kein Gebet hindurch konnte. 45Du hast uns zu Kot und Unflat gemacht unter den Völkern. 46Alle unsere Feinde sperren ihr Maul auf wider uns. 47Wir werden gedrückt und geplagt mit Schrecken und Angst.
48Meine Augen rinnen mit Wasserbächen über den Jammer der Tochter meines Volks. (Jer. 8,23) 49Meine Augen fließen und können nicht ablassen; denn es ist kein Aufhören da, 50bis der HErr vom Himmel herabschaue und sehe darein. 51Mein Auge frisst mir das Leben weg um die Töchter meiner Stadt. (Klagel. 2,11)
52Meine Feinde haben mich gehetzt wie einen Vogel ohne Ursache; 53sie haben mein Leben in einer Grube fast umgebracht und Steine auf mich geworfen; 54sie haben auch mein Haupt mit Wasser überschüttet; da sprach ich: Nun bin ich gar dahin. 55Ich rief aber deinen Namen an, HErr, unten aus der Grube, (Ps. 130,1) 56und du erhörtest meine Stimme: Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen und Schreien! 57Du nahest dich zu mir, wenn ich dich anrufe, und sprichst: Fürchte dich nicht!
Text der Luther-Übersetzung (1912) von