Biblia (Band 1) Das ist: Die ganze Heylige Schrifft, Teutsch. D. Mart.Luth. Sampt einem Register / Summarien über alle Capitel / und schönen Figuren

Gedruckt in Frankfurt am Mayn bei Georg Rab für W. Han (Erben) und Sigmund Feyerabend, 1570

Prediger 1

6Der Wind geht gen Mittag und kommt herum zur Mitternacht und wieder herum an den Ort, da er anfing. 7Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller; an den Ort, da sie her fließen, fließen sie wieder hin.

8Es sind alle Dinge so voll Mühe, dass es niemand ausreden kann. Das Auge sieht sich nimmer satt, und das Ohr hört sich nimmer satt. (Ps. 90,10) 9Was ist's, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird. Was ist's, das man getan hat? Eben das man hernach tun wird; und geschieht nichts Neues unter der Sonne. 10Geschieht auch etwas, davon man sagen möchte: Siehe, das ist neu? Es ist zuvor auch geschehen in den langen Zeiten, die vor uns gewesen sind. 11Man gedenkt nicht derer, die zuvor gewesen sind; also auch derer, die hernach kommen, wird man nicht gedenken bei denen, die darnach sein werden.

Auch das Streben nach Weisheit ist eitel.

12Ich, der Prediger, war König über Israel zu Jerusalem (Pred. 1,1) 13und richtete mein Herz, zu suchen und zu forschen weislich alles, was man unter dem Himmel tut. Solche unselige Mühe hat Gott den Menschenkindern gegeben, dass sie sich darin müssen quälen. 14Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht; und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind. 15Krumm kann nicht schlicht werden noch, was fehlt, gezählt werden. 16Ich sprach in meinem Herzen: Siehe, ich bin herrlich geworden und habe mehr Weisheit denn alle, die vor mir gewesen sind zu Jerusalem, und mein Herz hat viel gelernt und erfahren. 17Und richtete auch mein Herz darauf, dass ich erkennte Weisheit und erkennte Tollheit und Torheit. Ich ward aber gewahr, dass solches auch Mühe um Wind ist. (Pred. 2,12; Pred. 7,25) 18Denn wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämens; und wer viel lernt, der muss viel leiden.

Prediger 2

Torheit und Weisheit sind beide eitel.

1Ich sprach in meinem Herzen: Wohlan, ich will wohl leben und gute Tage haben! Aber siehe, das war auch eitel. 2Ich sprach zum Lachen: Du bist toll! und zur Freude: Was machst du?

3Da dachte ich in meinem Herzen, meinen Leib mit Wein zu pflegen, doch also, dass mein Herz mich mit Weisheit leitete, und zu ergreifen, was Torheit ist, bis ich lernte, was dem Menschen gut wäre, dass sie tun sollten, solange sie unter dem Himmel leben. (Spr. 31,4) 4Ich tat große Dinge: ich baute Häuser, pflanzte Weinberge; 5ich machte mir Gärten und Lustgärten und pflanzte allerlei fruchtbare Bäume darein; 6ich machte mir Teiche, daraus zu wässern den Wald der grünenden Bäume; 7ich hatte Knechte und Mägde und auch Gesinde, im Hause geboren; ich hatte eine größere Habe an Rindern und Schafen denn alle, die vor mir zu Jerusalem gewesen waren; 8ich sammelte mir auch Silber und Gold und von den Königen und Ländern einen Schatz; ich schaffte mir Sänger und Sängerinnen und die Wonne der Menschen, allerlei Saitenspiel; 9und nahm zu über alle, die vor mir zu Jerusalem gewesen waren; auch blieb meine Weisheit bei mir; (1.Kön. 10,23) 10und alles, was meine Augen wünschten, das ließ ich ihnen und wehrte meinem Herzen keine Freude, dass es fröhlich war von aller meiner Arbeit; und das hielt ich für mein Teil von aller meiner Arbeit. 11Da ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles eitel und Haschen nach Wind und kein Gewinn unter der Sonne. (Pred. 1,14)

12Da wandte ich mich, zu sehen die Weisheit und die Tollheit und Torheit. Denn wer weiß, was der für ein Mensch werden wird nach dem König, den sie schon bereit gemacht haben? (Pred. 1,17) 13Da sah ich, dass die Weisheit die Torheit übertraf wie das Licht die Finsternis; 14dass dem Weisen seine Augen im Haupt stehen, aber die Narren in der Finsternis gehen; und merkte doch, dass es einem geht wie dem anderen. (Spr. 17,24) 15Da dachte ich in meinem Herzen: Weil es denn mir geht wie dem Narren, warum habe ich denn nach Weisheit getrachtet? Da dachte ich in meinem Herzen, dass solches auch eitel sei.

Text der Luther-Übersetzung (1912) von Prediger 1, 6 bis Prediger 2, 15

Biblia (Band 1) Das ist: Die ganze Heylige Schrifft, Teutsch. D. Mart.Luth. Sampt einem Register / Summarien über alle Capitel / und schönen Figuren

Gedruckt in Frankfurt am Mayn bei Georg Rab für W. Han (Erben) und Sigmund Feyerabend, 1570